Kleine Cafés und Restaurants zogen an mir vorbei. An runden Tischen saßen dort vereinzelt einige Gruppen von Männern, die alle eine winzige Espresso-Tasse und ein Glas mit kühlem Leitungswasser vor sich stehen hatten. Einige unterhielten sich angeregt, andere wiederum genossen die Stille und schwiegen sich freundschaftlich an.
Auf der Suche nach einem Internetcafé
Ich lief mitten durch das Zentrum von Nikšić, einer mittelgroßen Stadt in Montenegro, und schaute konzentriert auf die Häuserfronten. Ich wollte einige Fotos, die ich in den letzten Wochen geknipst hatte, sortieren und sie in einem Online-Speicher sichern. Da ich keinen Laptop mit auf die Reise genommen hatte, war ich dafür jedes Mal auf dieses eine, ganz spezielle Geschäft angewiesen: Ein Internetcafé.
Internetcafés sind häufig ganz besondere Orte. Sie sind Relikte aus einer Zeit, die noch gar nicht so lange zurückliegt, aber dennoch eigentlich längst vorbei ist. Sie sind eine aussterbende Gattung; von Jahr zu Jahr wird es schwieriger sie zu finden. Betritt man eines, so weiß man vorher nie genau, was einen dort erwarten wird: Ein aus der Zeit gefallener Ort? Vielleicht eine bizarre Komposition aus Kiosk, Waschsalon und Computercafé? Oder gar eine etwas verwegene Lokalität?
Ich fragte mich durch und fand so schon bald, wonach ich gesucht hatte: Umgeben von drei- oder vierstöckigen Wohnblöcken aus Beton, blickte ich auf eine holzgerahmte Fensterfront, ganz wie man sie bei einem Friseur-Laden oder auch bei einer Bäckerei finden könnte. Die Fenster waren allerdings mit einem dunkelblauen Stoff verhangen, sodass kein Blick in das Internetcafé hineingelangen konnte.
Im Internetcafé von Nikšić
Vorsichtig öffnete ich die Tür und betrat langsam den dahinter liegenden Raum. Meine Augen brauchten einige Sekunden, um sich an die Finsternis in dem abgedunkelten Zimmer zu gewöhnen. Die Luft kam mir gleich etwas stickig vor und waberte in feucht-warmen Schwaden umher. Ich hörte das beständige Klick-Geräusch von Computer-Mäusen und das hochfrequente Klimpern einiger Tastaturen.
Ich blinzelte und erkannte schwarze Computer mit Bildschirm und Keyboard, die sich in drei eng aneinander gestellten Reihen drängelten. An einem der hinteren Geräte nahm ich Platz und ließ das Schauspiel in seiner Gesamtheit kurz auf mich wirken.
Auf den PCs waren nicht-lizensierte Windows XP Kopien aufgespielt. Ein Bit-Torrent-Programm, welches meistens für das illegale Verteilen von Software verwendet wird, bat mich per Pop-Up Fenster um eine Aktualisierung.
Kinder dominieren diese Lokalität
Dominiert wurde der Raum von einer Horde kleiner Kinder. Die meisten von ihnen waren geschätzt zehn Jahre alt, einige noch etwas jünger. Vermutlich waren sie direkt von der Schule aus hierher gepilgert. Mit viel Enthusiasmus zockten sie ein nicht gerade unbrutales Ego-Shooter-Spiel, feierten lautstark ihre tödlichen Erfolge und schrien entsetzt, wenn sie selbst verloren hatten.
Ebenfalls im Raum stand ein wuchtiger, älterer Mann mit kantigem Gesicht. In seinem roten Jogginganzug schien er die Verantwortung zu tragen und hatte ein wie auch immer geartetes, inniges Verhältnis zu den Kindern. Ich beobachtete, wie er manche anwies leiser zu sein, vermutlich weil ich nun mit im Raum war. Einem der Jungen schlug er mit einem Lappen auf den Hinterkopf.
Schnell wurde ich von allen „njemački“, also „der Deutsche“, genannt und es schien etwas Besonderes zu sein, dass sich jemand Fremdes dorthin verirrt hatte; in den vermutlich skurrilsten Ort in Nikšić.
Wie geplant lud ich meine Fotos hoch und bezahlte am Ende 1€ für die Stunde, die ich dort verbrachte. Schnell wurde ich von allen „njemački“, also „der Deutsche“, genannt und es schien etwas Besonderes zu sein, dass sich jemand Fremdes dorthin verirrt hatte; in den vermutlich skurrilsten Ort in Nikšić.